Kommentar: Schimpfen in der Erziehung - die Benennung als Gewalt ist zu wenig.
Ich bin heute über einen Artikel im Standard über psychische Gewalt an Kindern gestoßen. Ich tue mir immer so schwer mit Artikeln zu diesem Thema, weil ein wichtiger Aspekt quasi jedes Mal fehlt: Was tut man statt Schimpfen? - und: Wie sehr sind wir als Gesellschaft in der Gewalt gefangen ohne dass uns das so bewusst ist?
Wir als Menschen sind im Allgemeinen schon in unserem Denken nicht besonders freundlich zu uns selbst und zu unseren Kindern und oft merken wir es gar nicht oder ganz wenig oder dann wenn es einem schlecht geht und man in Therapie geht. Darum gehören zu solchen Interviews meiner Meinung nach immer Infos was man denn machen kann, wenn das Kind am Abend schnell einmal zum Ausprobieren das Bad überflutet und man nach einem langen Tag absolut verständlicherweise nicht mehr balanciert ist.
Denn das ist normal. Man ist nicht dauernd ausgeglichen und löst dementsprechend Dinge eben nicht sinnvoll, sondern mit Stimme. Und es hilft dann auch keinem, wenn man sich dann auch noch schlecht fühlt ohne eine Idee für einen Plan B zu haben. Es ist wie bei den Kindern. Denen sagt man auch nicht nur was sie nicht sollen, sondern schlägt besseres Verhalten vor. ![]()
Also im Badezimmer-Überflutungsszenario: Falls zwei Erwachsene da sind, interagiert der Erwachsene, der momentan die besseren Nerven hat, mit dem Kind und der andere beruhigt zuerst einmal sich selbst. Ist man alleine zu Hause bannt man die Gefahr und atmet danach durch, bis man sich dem Kind widmet. Es ist alles meistens nicht so ein Drama, es fühlt sich allerdings manchmal in den ersten Momenten so an. Also einmal ausatmen, Füße am Boden spüren, sich selbst Zuneigung entgegen bringen. Niemand ist schuld, Kinder haben Ideen und sind keine Roboter.. Dann lehnt man Verhalten oder Taten ab (nicht das Kind sondern die Tat ). Und dann geht man mit dem Kind gemeinsam das Badezimmer putzen. Theoretisch einfach, praktisch definitiv herausfordernd, für manche mehr, für manche weniger - weil eben Mensch, vielleicht selber nicht viel Geduld erfahren oder was auch immer. ![]()
In der Therapie habe ich oft Klient*innen, die sich schon gar nichts mehr sagen trauen, vor lauter Angst, dass sie ihren Kindern schaden, wenn es mal mit Nachdruck ist. Aber Kinder brauchen Orientierung. Selbstverständlich nicht durch körperliche und psychische Gewalt. Aber Eltern sind Menschen und diese haben je nach Temperament und Tag eine unterschiedliche Stimmlage. Sie müssen selbst den ganzen Alltag bewältigen und haben Gnade verdient und konkrete Hinweise was wirklich helfen könnte, um so hoch angespannte Situationen zuerst einmal zu beruhigen. - Wir wissen ja dass Eskalationen nicht wirklich was bringen, aber die ruhigen Gespräche danach - "Schmiede das Eisen wenn es kalt ist" - alle miteinander weiterkommen lassen.